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Donnerstag, 30 Juli 2009

Polonica leguntur … et tractantur

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"Silesia Nova", 2007, nr 4, s. 129-131.Emmanuel Joseph Sieyès meinte einmal: „ - Was sollte der Deutsche von den großen Werken der polnischen Dichtung kennen? Alles.  – Was ist in deutscher Sprache erschienen? Wenig. – Was kennt das breitere Lesepublikum? Nichts!“ Seit 1930, als Otto Forst de Battaglia (der Karl Dedecius der deutsch-polnischen Literaturkontakte der Zwischenkriegszeit) an diese damals schon über 100 Jahre zurückliegenden Worte des Franzosen erinnerte und ihre unverminderte Aktualität beklagte, verflossen wieder einmal fast 100 Jahre. Sieyès‘ Aperçu kőnnte heute nicht mehr ohne weiteres wiederholt werden. Indirekt beweist das die seit 2002 im renommierten Krakauer  geisteswissenschaftlichen Verlag UNIVERSITAS erscheinende Buchreihe „Polonica leguntur“. Inzwischen auf neun Bände angewachsen und herausgegeben von den Literatur- und Kulturwissenschaftlern, deren Namen in der polnisch-deutschen Scientific Comunity  Klang und Rang haben:  Andreas Lawaty (Universität Hamburg), German Ritz (Universität Zürich), Alois Woldan (Universität Wien) und Marek Zybura (Universität Breslau, Chefredakteur der Reihe), präsentiert sie – so das Statement der Herausgeber – die Rezeption des polnischen Schrifttums (von der schőn- geistigen bis hin zur Dokumentarliteratur) in den Ländern des deutschen Sprachraums. Deutsche und polnische Autoren von Monographien und Sammelbänden innerhalb der Reihe setzen sich mit dem Prozeß der translatorischen Aneignung der polnischen Literatur im deutschen Sprachraum in Geschichte und Gegenwart auseinander, untersuchen und erläutern deren Übernahme in den dortigen kulturellen Kreislauf  und die sie begleitende literaturkritische Reflexion. Fast mőchte man den Reihentitel unwillkürlich um das „et tractantur“ ergänzen. Denn es zeigt sich, daß die polnische Literatur heutzutage in Deutschland nicht nur gelesen, sondern auch studiert, philologisch gepflegt wird. Und das ist gerade der Punkt, wo man geneigt ist, den Spieß der Frage von Sieyès umzudrehen: - Was weiß das heutige breitere Lesepublikum in Polen, wie die Deutschen polnische Dichter und Schriftsteller lesen und was sie davon halten? Wenig oder (fast) nichts. Wobei dieses „wenig“ hőchstens auf die akademische Polonistik zu beziehen ist, die nur langsam ihre frankophonen „Struktural-„ und andere „Ismen“ abstreift und wahrzunehmen beginnt, daß zwischen Polen und Frankreich noch Deutschland liegt (ja, horribile dictu: schon immer gelegen hat!). Der nicht fachpolonistische, gebildete Leser hatte bis vor kurzem eher geringe Chancen, davon etwas in Erfahrung zu bringen. Das ist nun, seit die Bände der „Polonica leguntur“ auf dem polnischen Buchmarkt da sind, anders. Dieser Leser kann sich jetzt etwa über die – für ihn sicher überraschende, weil hierzulande bisher nur den Eingeweihten bewußte – deutsche Rezeption solcher Koryphäen polnischer Literatur informieren wie Gombrowicz (der eben maßgeblich über die Übersetzungen seiner Werke ins Deutsche zum Weltruhm gefunden hat), Różewicz (den die jungen deutschen Poeten seinerzeit „unseren Lehrer Tadeusz“ nannten) oder Szymborska (der wiederum Karl Dedecis mit seiner translatorischen Gabe auf den Nobel-Olymp verholfen hat). Nicht weniger wird diesen Leser – und noch mehr den Universitätspolonisten! – wundern, daß es eben deutsche Polonisten sind, die es wagen – und zwar mit Erfolg – etwa die Geheimnisse von Gombrowicz‘ literarischem Stil zu ergründen oder breit angelegte stoff- und motivgeschichtliche Studien vorzulegen (z.B. über das Motiv des Bauernfürsten in der polnischen Literatur), wie sie die inländische Polonistik bisher  nicht kannte. Alles sind das Untersuchungen entweder von bereits international anerkannten Forschern (etwa B.  Schultze, G. Bauer, G. Ritz), preisgekrőnten Übersetzern (O. Kühl) oder jungen Professoren (etwa M. Marschalek, U. Schorlemmer, A. Gall), die auf  bestem Wege sind, es zu werden. Das kulturpolitische Anliegen der Reihe und ihr Beitrag zum deutsch-polnischen Literatur- und Kulturdialog ist nicht hoch genug zu veranschlagen – insbesondere jetzt, als es gilt, die von der Kaczynski-Regierung  traumatisierten deutsch-polnischen Beziehungen wieder genesen zu lassen. Den Herausgebern ist zur Idee dieses Projekts zu gratulieren und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Warschau für die bisherige weise Unterstützung der Reihe ausdrücklich zu danken! Mőge die Stiftung auch in Zukunft ihre schützende Hand über der Reihe halten, denn es ist schwer vorstellbar, daß sich da eine andere deutsch-polnische Institution finden ließe, die sich für diese literarische Dialog-Initiative von auch eminentem politischen Wert (!) derart effizient einsetzen kőnnte, ohne gleich auf der einen oder anderen Seite der Oder Argwohn zu wecken. Zu hoffen bleibt auch, daß das Willy Bandt-Zentrum der Universität Breslau, unter dessen Schirmherrschaft die Reihe erscheint und auf die die Universität sicher stolz sein kann, seine jetzigen Turbulenzen gut übersteht und der Reihe als redaktionelle Heimstätte weiter und zuversichtlich dienen wird.


Vorgestellt von Mieczysław Orski

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